Der Staat hat in der Corona-Krise seinen Einfluss auf die Wirtschaft ausgebaut – ein Trend, der sich fortsetzten dürfte. Umso wichtiger sind jetzt unabhängige Aufsichtsräte in öffentlichen Unternehmen.

 

Mariana Mazzucato gehört zu den aufstrebenden Stars ihrer Zukunft. Spätestens seit Erscheinen ihres Buches „Wie kommt der Wert in die Welt?“ ist die Ökonomin eine der gefragtesten Ratgeberinnen der Politik. Kein Wunder: Mazzucato beleuchtet nicht nur Fehlentwicklungen des Shareholder-Value-Kapitalismus, sondern plädiert auch für stärkeres staatliches Engagement in der Wirtschaft.

Der Professorin für Innovationsökonomie schwebt eine neue Innovations- und Industriepolitik vor – in Form eines „Unternehmerstaates“, der nicht nur den Rahmen setzt und Impulse gibt, sondern selbst Märkte entwickelt. Dazu soll er zum Beispiel gezielt dort investieren, wo Private das Risiko scheuen – also beispielsweise in Zukunftstechnologien und Startups.

Der Staat als Venture-Capital-Investor, schöpferischer Zerstörer und Treiber des Strukturwandels: Diese Botschaft verfängt in Berlin und Brüssel gleichermaßen, vor allem seit der Corona-Krise. Mit ihren Rettungsprogrammen will die Politik nicht nur die Konjunktur ankurbeln, sondern zugleich die Weichen für die Zukunft stellen und Europa in Sachen Digitalisierung und Klimaschutz voranbringen.

Dazu investieren öffentliche Förderbanken schon jetzt verstärkt in innovative Unternehmen, Projekte und Technologien. Der Einfluss der Politik auf die Wirtschaft wächst damit spürbar, zumal sich Regierungen mit Vehikeln wie dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch in der Old Economy engagieren.

 

Guter Eigentümer – aber kein guter Unternehmer

Sicher: Die Renaissance der Industriepolitik hat schon vor der Pandemie begonnen. So versucht Europa seit einigen Jahren, eine wettbewerbsfähigere Daten-Infrastruktur aufzubauen – und beschränkt sich dabei nicht auf Netzausbau: Zugleich hat die Politik Initiativen wie die Europa-Cloud GaiaX oder den „Datenraum Mobilität“ gestartet und dazu Unternehmen zusammengebracht.

Ich bin überzeugt, dass solche Initiativen und eine gezielte Innovationspolitik wichtig sind – gerade angesichts des Klimawandels, des geopolitischen Systemwettbewerbs und der Corona-Pandemie. Mazzucatos Weckruf und die Debatte über die Rolle des Staates kommen deshalb zur richtigen Zeit.

Allerdings führt der Begriff „Unternehmerstaat“ meines Erachtens in die falsche Richtung.  Denn der Staat ist kein guter Unternehmer. Bahnbrechende Ideen und zukunftsträchtige wirtschaftliche Strategien entstehen im privaten Bereich – und nicht in Behörden, wo Menschen in der Regel weder unternehmerische Gestaltungsspielräume noch die Chance auf Risikoprämien haben.

Der Staat kann allerdings sehr wohl ein guter Eigentümer sein. Anders als viele private Investoren ist er nicht auf schnelle Renditen angewiesen – und kann deshalb mutiger und geduldiger sein. „Business Angel“ statt Heuschrecke, wenn sie so wollen.

Mut, Geduld – und Profis in den Aufsichtsräten

Die Sache hat aber einen Haken: Der Staat neigt dazu, Politiker und Beamte in die Aufsichtsräte seiner Beteiligungen zu schicken. Das ist ein großer Fehler, weil es dann ausgerechnet ganz oben an wirtschaftlicher Kompetenz und unternehmerischer Erfahrung fehlt. Ich wage zu behaupten: Mit Profis in den Kontrollgremien von kommunalen Verkehrsbetrieben und Stadtwerken wären wir bei der Verkehrs- und Energiewende schon deutlich weiter.

Leider setzt sich diese Erkenntnis jedoch nur langsam durch. Zudem bleiben Initiativen, um Abhilfe zu schaffen, ärgerlich ambitionslos. So muss es bereits als Fortschritt gewertet werden, dass der neue Public Corporate Governance Musterkodex zumindest ein externes und unabhängiges Aufsichtsratsmitglied empfiehlt.

Das reicht jedoch nicht annähernd. Wer Industriepolitik sagt, muss auch Public Governance sagen. Denn nur mit guten Aufsichtsräten kann Mazzucatos Vision vom Staat als Innovationstreiber wahr werden.


Board,  Good Governance


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