Als Siemens CEO Joe Kaeser Ende Januar auf der Hauptversammlung in München vor die Aktionäre trat, ging es nicht nur um Geschäftszahlen und Strategie, sondern auch um die gesellschaftliche Verantwortung des Konzerns. Denn gerade in der heutigen Zeit müssten Großkonzerne für mehr Stabilität, Dialog, Sicherheit und internationale Zusammenarbeit sorgen. Kaeser ist deshalb auch überzeugt, dass der Siemens Anspruch „Business to Society“ – also mit Geschäften einen Wert für die Gesellschaft zu schaffen – immer wichtiger wird.

Aufsichtsräte spielen in diesem Szenario eine essenzielle Rolle. Ein ehrbarer Aufsichtsrat setzt sich nicht nur als Sparringspartner des Vorstands intensiv mit der Geschäftsstrategie und der Nachhaltigkeit des Unternehmens auseinander. Er muss ebenso durch aktives (Nach-) Fragen sicherstellen, dass er die wesentlichen ethischen Leitlinien und Wertevorstellungen seines Unternehmens kennt und akzeptiert. Nur so kann er auf Augenhöhe mit den Führungskräften sowie den Aktionären, Eigentümern und Gesellschaftern die wesentlichen Entscheidungen und deren Auswirkungen diskutieren, nachvollziehen, selbstständig beurteilen, mitentscheiden und mitverantworten.

Der ehrbare Aufsichtsrat macht CSR und Nachhaltigkeit zu seiner eigenen, persönlichen Angelegenheit und findet Antworten auf folgende Fragen:

  • Wie sind unsere Sinn- und Werteorientierung, unsere Unternehmenskultur und das Unternehmensleitbild im täglichen Handeln integriert?
  • Wie wird sich unsere Sinn- und Werteorientierung auf dem Weg zur digitalen Transformation verändern?
  • Enthält unsere Corporate Governance eine Nachhaltigkeitsorientierung?
  • Wie lautet unser unternehmerisches Verständnis der Nachhaltigkeit?
  • Wie sieht unser unternehmerisches Nachhaltigkeitsmanagement aus?
  • Wie lauten unsere konkreten Nachhaltigkeitsziele im Unternehmen?
  • Wie werden diese gemessen und gesteuert?
  • Ist Nachhaltigkeit der wesentliche Bestandteil unserer Unternehmensstrategie?
  • Sind kurzfristige und strategische Produkt- und Marktziele abgestimmt?
  • Wie lautet unser unternehmerisches Reputations- und Risikomanagement?
  • Wofür fühlen wir uns verantwortlich und wozu ist unser Unternehmen verpflichtet?
  • Welche wesentlichen gesellschaftlichen Auswirkungen hat unsere Geschäftstätigkeit?

Verständnis „EHRBAR“

Die Kernfrage lautet: Ist unser Unternehmen glaubwürdig? Ist unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung glaubwürdig oder nur Greenwashing? Wo werden beispielsweise Chancengleichheit, Diversity Management, Identifizierung von relevanten Anspruchsgruppen, Klima- und demografischer Wandel, Product Carbon Footprint, Wasser, Energieeffizienz, Ressourceneinsparung in unserem Unternehmen dokumentiert und kommuniziert?

Im Unternehmen sollte deshalb jeder dasselbe Verständnis von „E-H-R-B-A-R“ haben:

Eine prägnante und transparente Berichterstattung ist notwendig

Unternehmen werden durch ausufernde Gesetze, Vorschriften, Empfehlungen und weitere Neuerungen immer stärker belastet. Daher ist es grundsätzlich zu begrüßen, die Idee der Nachhaltigkeit in bestehende Regularien weiter zu integrieren und gleichzeitig zu systematisieren. Die vielfältigen, teilweise unterschiedlichen Anforderungen aller Stakeholder-Gruppen müssen zusammengeführt und priorisiert werden. Unternehmen benötigen außerdem konkrete und wertschöpfende Hilfestellungen mit möglichst geringen Zusatzpflichten, die nur kontraproduktiv wirken.

Das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 11. April 2017 zur Umsetzung der europäischen Richtlinie 2014/95/EU (sog. CSR-Richtlinie zur Offenlegung von nichtfinanziellen und die Diversität betreffenden Informationen) reguliert erstmals in Deutschland die Berichterstattung über bestimmte Nachhaltigkeitsthemen – genauso wie das österreichische Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG). Hiermit stärkt es wesentlich eine prägnante und transparente Publizitätspflicht im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte.

 

Über den Autor

Rudolf X. Ruter ist Experte für Corporate Governance und Nachhaltigkeit, Buchautor und Mitglied in diversen Aufsichtsgremien. Er war Gesellschafter und Geschäftsführer bei Arthur Andersen und baute als Partner bei Ernst & Young den Geschäftsbereich Nachhaltigkeit in Deutschland auf. www.ruter.de

 


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