„Zu wenig Zeit für Diskussionen“, „Zu enge Taktung der Agenda“ oder „Verspäteter Erhalt der Sitzungsunterlagen“ – das sind häufige Kritikpunkte von Aufsichtsratsmitgliedern im Rahmen einer Effizienzprüfung. Doch dies ist häufig nur die Spitze des Eisbergs. Denn die eigentlichen Herausforderungen liegen nicht selten bei Fragen der Zusammenarbeit und der Kommunikation im Gremium.
Gleichzeitig fällt es Aufsichtsräten gerade in diesen Bereichen besonders schwer, sich zu verändern. So ist es nachvollziehbar, dass ein erfahrener Top-Manager und langjähriges Aufsichtsratsmitglied „eine offene, kritische und konstruktive Diskussion der Ergebnisse einer Effizienzprüfung“ einfordert; denn nur so kann der notwendige Veränderungsprozess angestoßen werden.

Was bedeutet Effizienz von Aufsichtsräten?

Effiziente Aufsichtsräte zeichnen sich durch verschiedene Merkmale aus, die sowohl formale Anforderungen als auch qualitative Leistungsindikatoren betreffen – beide Dimensionen gilt es im Rahmen einer Effizienzprüfung zu betrachten. So kann sichergestellt werden, dass Aufsichtsräte ihre Tätigkeit nicht nur an den gesetzlichen Mindestanforderungen ausrichten, sondern auch ihre Funktion als strategischer Sparringspartner des Vorstands und bei der Früherkennung möglicher Risiken und Fehlentwicklungen erfüllen können.

Compliance sicherstellen

Die Einhaltung formaler Anforderungen sichert die Compliance der Gremien und schafft so die Grundlage einer effizienten Aufsichtsratstätigkeit. Hierzu zählen etwa die Bildung von Fachausschüssen, die Sitzungsfrequenz, die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, seine Informationsversorgung oder der Einsatz digitaler Board-Portale wie Brainloop BoardRoom. Über einen Vergleich mit Benchmarks und Best Practices anderer Gremien können hier gezielt Defizite identifiziert und unmittelbar Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Impact der Gremienarbeit erhöhen

Doch die formale Ausgestaltung der Aufsichtsratstätigkeit bildet nur das Pflichtprogramm ab. Darüber hinaus muss das Gremium über erfolgskritische Eigenschaften verfügen, die es zu einem echten High Performance Board machen. Dies umfasst insbesondere eine hohe persönliche und fachliche Eignung der Aufsichtsratsmitglieder, eine professionelle Mandatswahrnehmung, die Diskussionskultur und das Konfliktlösungspotenzial des Gremiums sowie seine strategische Handlungsfähigkeit.
Im Rahmen einer Effizienzprüfung ist darüber hinaus die Zusammenarbeit des Aufsichtsrats mit dem Vorstand von besonderer Bedeutung. Hier kommt es darauf an, dass es den Aufsichtsratsmitgliedern und insbesondere dem Aufsichtsratsvorsitzenden gelingt, den notwendigen Ausgleich zwischen kritischer Distanz und vertrauensbildender Nähe zum Vorstand herstellen zu können.

Geplanter Erfolg: Durchführung der Evaluierung

Eine Effizienzprüfung sollte immer mit einer Analyse der Dokumente – Geschäftsordnung, Reporting, Vorlagen und Protokolle – beginnen. Darüber hinaus empfiehlt sich vor Beginn der Prüfung eine systematische Identifikation relevanter Themenbereiche. Eine weitere strategische Überlegung betrifft die Wahl des Adressatenkreises. Zunächst richtet sich eine Effizienzprüfung natürlich an den Aufsichtsrat, eine Befragung der Vorstandsmitglieder sollte jedoch ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Als Instrument bieten sich die Befragung mit Hilfe eines strukturierten Fragebogens oder persönliche Interviews an. Diese Methoden können entweder isoliert oder in Kombination eingesetzt werden.  Fragebogenanalysen sollten möglichst digital – z.B. über eine Board-Lösung – durchgeführt werden, wodurch die Daten- und Prozesssicherheit erhöht wird.

Das High Performance Board

Traditionell sind Aufsichtsratstätigkeiten geprägt von inhaltlich und zeitlich klar definierten Rahmenbedingungen, die einen Austausch und eine kritische Reflexion nur selten zulassen. Eine Effizienzprüfung bietet daher die Möglichkeit, außerhalb der Sitzungsagenda die eigene Arbeitsweise kritisch zu reflektieren und konkrete Verbesserungen anzugehen. Dabei empfiehlt sich auch oft ein objektiver Blick auf die Gremienarbeit – etwa durch einen externen Berater. Erfahrene Berater können die Selbsteinschätzung aus dem Gremium mit ihren eigenen Erfahrungen ergänzen.

Aufsichtsräte sind ebenso vielfältig wie die durch sie überwachten Unternehmen. Doch ein Umstand verbindet sie alle: Die Notwendigkeit, sich vor dem Hintergrund der umfangreichen technologischen, wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen kritisch zu hinterfragen und ihre Rolle weiterzuentwickeln. Aufsichtsräte sollten sich daher regelmäßig einer strukturierten Effizienzprüfung unterziehen und dabei insbesondere einen starken Fokus auf die Frage richten, ob sie über die notwendigen erfolgskritischen Eigenschaften verfügen, um die anstehenden Transformationsprozesse wirksam unterstützen zu können. Dies gilt insbesondere für die Digitalisierungskompetenz – denn einer aktuellen Brainloop Studie zu Folge verfügen bisher nur 24 Prozent der Aufsichtsräte über einen Digitalisierungsexperten.

 

Über den Autor

Prof. Dr. Peter Ruhwedel ist Gründer und Geschäftsführer von diep – Deutsches Institut für Effizienzprüfung GmbH und wissenschaftlicher Leiter des KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance an der FOM Hochschule. Er engagiert sich darüber hinaus ehrenamtlich im Vorstand der Financial Experts Association e.V. (FEA), einem Berufsverband für Mitglieder in Aufsichtsgremien.


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