Im englischen Sprachgebrauch haben sich unter dem Oberbegriff Corporate Responsibility (CR = Unternehmensverantwortung) die Themenfelder Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Citizenship (CC = gesellschaftliches Engagement von Unternehmen) und Corporate Governance (CG = verantwortungsbewusste Unternehmensverfassung) gebildet. CSR der ersten Stunde hat sich zu CR weiterentwickelt und ist im unternehmerischen Alltag angekommen. Führende Unternehmen unterschiedlichster Branchen beschäftigten sich strategisch und operativ mit Nachhaltigkeit.

Der Aufsichtsrat als Garant für Nachhaltigkeit

Der ehrbare Aufsichtsrat hat den gesetzlichen Auftrag, die Geschäftsführung zu überwachen. In seiner Rolle als oberster Überwacher der Leitung und Lenkung (Vorstand) ist es z. B. notwendig, dass er die Leitlinien einer langfristig und nachhaltig orientierten Unternehmensführung einfordert und mit verankert. Angesichts der jüngsten Skandale stellt sich neben den Medien auch die kritische Öffentlichkeit vermehrt die Frage, ob und wie die Entscheidungsträger im Unternehmen (Gesellschafter, Vorstand/Geschäftsführung) und allen voran die Mitglieder des Kontrollgremiums in Person von Aufsichtsrat/Beirat ihre Verantwortung gegenüber internen und externen Stakeholdern wahrnehmen.

Sinn- und Werte-Orientierung und Tugenden

Auch wenn immer noch mehr Zeit auf die Themen ‚eigene Renumeration, Vergütung, Bonus’ verwendet werden als auf die Themen ‚Unternehmenskultur, Sinn- und Werte-Orientierung, Code of Conduct und Anstand’ ist das Thema „Ehrbarkeit“ in der deutschen Wirtschaft weit verbreitet. Es bekennen sich immer mehr und insbesondere jüngere Führungskräfte zu einer klaren Sinn- und Werte-Orientierung mit ausgeprägtem moralischen Kompass und verabschieden sich von Arroganz, Hochmut, Geiz, Genusssucht, Zorn, Völlerei, Neid und Veränderungsträgheit.

Im Vordergrund stehen das eigene Verhalten und die eigene Haltung mit Antworten auf folgende Fragen: Welches Vorbild will ich geben? Welche Werte will ich leben?

Gedankliche Grundlage sind jahrtausendealte Erfahrungen und Erfolge, die im Wesentlichen auf zwei Grundprinzipien beruhen: Regeln und Tugenden als Verhaltensstandards, die für alle gleichermaßen gelten – sowohl in privaten als auch in unternehmerischen Lebenssituationen. Diese Kardinaltugenden (von lateinisch ‚cardo’ ‚Türangel, Dreh- und Angelpunkt’; auch Primärtugenden) können bei der praktischen Bewältigung des unternehmerischen Alltags und beim ‚störungsfreien’ und nachhaltigen Betrieb eines Unternehmens helfen. Diese sieben gesellschaftlich anerkannten Tugenden lauten:

  • Tugend 1 – Tapferkeit/Mut
  • Tugend 2 – Mäßigung/Besonnenheit
  • Tugend 3 – Klugheit/Weisheit
  • Tugend 4 – Gerechtigkeit/Haftung
  • Tugend 5 – Glaube/Vertrauen
  • Tugend 6 – Hoffnung/Zukunft
  • Tugend 7 – Liebe/Respekt

Alle Tugenden zusammen ergeben tugendhafte Führung. Allem voran – und gleichsam als oberste Tugend – gilt für eine tugendhafte Führungskraft folgender Grundsatz: Grundsatz der Selbstverständlichkeit. Das heißt, es gibt Dinge, die man einfach (nicht) tut. Zum Beispiel wird eine tugendhafte Führungskraft einer Entscheidung nie ihre Stimme geben, in einer Situation, die sie nicht versteht.

Hüter der Zukunftsfähigkeit

In Zeiten der Digitalisierung ist Nachhaltigkeit keine lästige Verpflichtung, sondern ein wichtiger Wachstumstreiber. Gerade digitale Geschäftsmodelle schaffen die nötige Transparenz im Unternehmen und unterstützen auch den Aufsichtsrat in seine Rolle als oberster Überwacher und Hüter der Corporate Governance. Er muss die Leitlinien einer langfristig und nachhaltig orientierten Unternehmensführung einfordern und wird dadurch zum Garant einer Verankerung im Tagesgeschäft. Jedes Aufsichtsratsmitglied ist persönlich für die effektive und effiziente Unternehmensüberwachung und -beratung verantwortlich. Nur so kann der Aufsichtsrat seinem doppelten Auftrag als Kontrolleur und Ratgeber gerecht werden.

 

Über den Autor

Rudolf X. Ruter ist Experte für Corporate Governance und Nachhaltigkeit, Buchautor und Mitglied in diversen Aufsichtsgremien. Er war Gesellschafter und Geschäftsführer bei Arthur Andersen und baute als Partner bei Ernst & Young den Geschäftsbereich Nachhaltigkeit in Deutschland auf. www.ruter.de


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